Der Irrtum mit dem Muskelfleisch- oder was ist dran an „hochwertigem“ Protein

  • Beim Barfen insbesondere von bereits erkrankten Hunden wird sehr oft davon gesprochen, dass man möglichst hochwertiges Protein füttern solle. Damit sind Eiweißquellen, die reich an essenziellen Aminosäuren sind gemeint. Dies ist für Fleischfresser insbesondere beim Muskelfleisch der Fall. Was hat es damit auf sich? Aminosäuren sind die Bausteine des Proteins, also die Verbindungen, aus denen das Körpereiweiß aufgebaut ist. Es gibt insgesamt 20 Aminosäuren, aus denen jedes Eiweißmolekül gebaut werden kann. Viele dieser Aminosäuren kann der Körper aus anderen Substanzen selbst herstellen, sie müssen nicht unbedingt zwingend durch die Nahrung aufgenommen werden. Daher werden sie als nicht-essenzielle Aminosäuren bezeichnet. Die Neubildung dieser Aminosäuren, wenn sie denn nicht in der Nahrung vorhanden sind, findet in der Leber statt und kann daher bei einer verminderten Leistung dieser gestört sein. Dadurch kann es auch hier zu einem Mangel an diesen eigentlich nicht-essenziellen Aminosäuren kommen. Der Organismus braucht aber alle 20 Aminosäuren, um sowohl seine Strukturen aufzubauen wie auch sämtliche Organfunktionen und Stoffwechselleistungen aufrecht zu halten, denn auch hier greift das Gesetz vom Minimum. Es besteht hier aber ein deutlicher Unterschied wieviel von welcher Aminosäure wirklich gebraucht wird. Diejenigen Aminosäuren, die das meiste im Körper ausmachen und auch am meisten benötigt werden sind vor allem jene die in Binde- und Stützgewebe vorkommen. Liest man jedoch die üblichen Fütterungsempfehlungen, insbesondere für gesundheitlich schon angeschlagene Tiere, so steht da eigentlich immer von der Fütterung von genau diesen Geweben abzusehen und man besser Muskelfleisch mit hochwertigem Eiweiß füttern sollte. Warum so viel Wert auf die essenziellen Aminosäuren gelegt wird, wird verständlich, wenn man weiß, dass die Tierernährung aus der Abfallwirtschaft gespeist wird und Muskelfleisch einen nur geringen Anteil der üblichen Schlachtabfälle ausmacht. Daher wurde am Beginn der Entwicklung der kommerziellen Tierfütterung schnell klar, dass hier aufgepasst werden muss, um keine Mangelernährung hervorzurufen. Eine sehr bekannte, den Aminosäuren ähnliche Substanz, deren Mangel vor allem bei Katzen zu starken gesundheitlichen Problemen (Herz und Augen) geführt hat, bevor es flächendeckend substituiert wurde, ist das Taurin. Wenig bekannt ist die Tatsache, dass in einer der physiologischen Ernährung des Fleischfressers Katze angepassten Fütterung diese synthetische Substitution nicht nötig wäre. Dies ist ein Beispiel dafür, dass die Verwendung nicht artgerechter Futterbestandteile, wie z.B. pflanzliche Nahrung beim reinen Fleischfresser Katze die Gesundheit angreifen kann. Ist daraus jetzt aber zu schließen, dass eine Fütterung zu mehr als die Hälfte aus Taurin besteht sinnvoll ist? Natürlich nicht! Massive Überdosierung dieser schwefelhaltigen Verbindung kann auch hier zu einer Überlastung des Stoffwechsels führen. Nicht so drastisch, aber vom Prinzip her ähnlich, kann man sich eine Überversorgung mit essenziellen Aminosäuren vorstellen, wie wir sie bei einer Fütterung mit vorrangig magerem Muskelfleisch oft vorfinden. Auch von den essenziellen Aminosäuren braucht der Körper nicht so viele wie von denen, die er selbst herstellen kann. Aber überschüssige Moleküle müssen wiederrum in der Leber auseinandergebaut werden, um sie entweder zu anderen Bausubstanzen wie nicht-essenziellen Aminosäuren oder zu Energie umzubauen. Da dies alles in der Leber, dem größten Stoffwechsellabor des Körpers, geschieht wird sie dadurch belastet und ihre Kapazität für andere lebenswichtige Aufgaben, wie die Entgiftung sinkt. Und gerade die Leber hat allein durch die Belastung mit heutzutage unvermeidbaren Umweltgiften wie Abgase, Pestizide etc. schon genug zu tun, dass man sie nicht noch mit vermeidbaren Aufgaben belasten muss. Füttert man nun aber sogenanntes minderwertiges Protein, also solches das zu einem hohen Anteil aus Bindegewebe besteht wie z.B. Pansen und Blättermagen, dann führen wir von Vorneherein hauptsächlich jene Aminosäuren zu, die am häufigsten im Körper benötigt werden. Daher können sie, so wie sie sind, ohne vorherige komplizierte Umbauprozesse erneut als Bausubstanz des Körpers verwendet werden. Aus diesem Grund ist das Eiweiß von Binde- und Stützgewebe alles andere als minderwertig. Nur bei einer ausschließlichen Fütterung dieser Gewebe, würde es durch den Mangel an essenziellen Aminosäuren zu Problemen kommen, aber dies ist bei den traditionell schon immer zum Hundefutter gehörenden Organen und Geweben gar nicht der Fall. Denn durch die Magen- und Darmwand durchziehende glatte Muskulatur, haben wir auch dort immer einen (zwar geringeren, aber in den allermeisten Fällen ausreichenden) Anteil an den gleichen Aminosäuren inklusive der essentiellen, wie im Muskelfleisch. Insbesondere Pansen zeichnet sich durch eine besonders ausgewogene und vielseitige Zusammensetzung aus Bindegewebe, Muskulatur und Fett aus. Daher ist er sowohl traditionell wie auch unserer Erfahrung nach, eine tragende Säule der artgerechten Rohernährung des Hundes also des gesunden Barfens. Die meisten üblichen Vorgehensweisen beim Barfen empfehlen ihn nur 2x die Woche zu füttern und stützen sich sonst sehr aufs Muskelfleisch. Unsere Erfahrung ist, dass man bei Fütterung von qualitativ hochwertigem Pansen (am besten von Weidetieren, ist dies vom Rind nicht beziehbar, kann auf die normalerweise extensiv gehaltenen Tierarten Schaf und Ziege zurückgegriffen werden) dieses Verhältnis getrost umgekehrt werden und eine hauptsächliche Pansenfütterung mit 2 mal die Woche Muskelfleisch angestrebt werden.